Teil 5 Modellbasierte Konstruktion

Viel Arbeit in der Animations- und Videoerstellung kann durch automatische Systeme abgenommen werden, wenn diese nach einem Modell vorgehen. Dieses Modell erklärt in abstrakter Form die Freiheitsgrade, Möglichkeiten und Grenzen in der Erstellung des kreativen Outputs. Am Beispiel der Simulation, Modellierung und Filmschnitt werden modell-basierte Verfahren vorgestellt.

 

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Die Natur als Modell

Auch die Naturgesetze können als Modell formuliert werden. Sie beschreiben, welche Bewegungsmuster massebehaftete Objekte durchführen, die einer bestimmten Kraft unterliegen oder Energie besitzen. Die Arbeit des Animators wird durch die Rigid-Body-Simulation stark erleichtert, was am Beispiel eines stürzenden Turmes, der aus tausenden Holzstückchen besteht, sehr gut demonstriert wird.

 

 

Das individuelle Animieren jedes einzelnen Holzstückes wäre reine Sisyphusarbeit.

Die Simulation der Natur findet nicht nur Anwendung bei den festen Körpern (rigid body), sondern wurde auch auf Flüssigkeiten ausgeweitet.

 

 

Die modellbasierte Erstellung von 3d-Modellen wird mit dem Programm Sketchup  semiautomatisch umgesetzt. Nach Einlesen eines Fotos, auf dem das Objekt abgebildet ist, welches modelliert werden soll, werden zuerst 2 Paar parallele Linien markiert. Mit dieser Markierung weiß Sketchup, wie sich die perspektivische Verzerung auf jeden einzelnen Pixel im Bild auswirkt. Die Zuweisung der Phototextur auf das erzeugte Objekt, sowie die korrekte Anordnung des Volumens übernimmt das Programm. Mit Sketchup können sehr schnell 3d-Modelle von kompletten Städten erstellt werden (siehe auch den Beitrag 3D Modelle aus Fotos erstellen).

 

Automatische Erstellung kompletter Städte

Wenn Stadtteile als Hintergrund benötigt werden, bietet sich auch das skriptbasierte (prozedurale) Erstellen von Geometrien an. Ein Beispiel ist der Blender City Generator, der komplette Städte modellbasiert erstellt. Der Nutzer legt mit wenigen Parameter Höhe, Gleichheit und Verteilung der Gebäude fest, gibt die Tageszeit an und die Stadt wird automatisch erstellt.

 

 

In Animationen und Computerspielen sollten Städte auch mit Passanten und Automobilen gefüllt sein. Um eine realistisches Stadtleben zu simulieren, werden hunderte bis tausende von Passanten benötigt. Für Computerspiele kann mit Hilfe einer KI-Moduls diese Stadtbevölkerung erschaffen und bewegt werden. Hier legt der Leveldesigner nur die begehbaren Zonen fest und den Rest (Verteilung, Pfadfindung der Bewohner etc) übernimmt die automatische KI-Routine.

 

 

Die Bewegungsanimation von Charactern wurde durch Einführung der inversen Kinematik vereinfacht. Eine humanoide Figur besteht meist aus mehreren Körperteilen und jedes Körperteil wiederum aus verschiedenen Skelettstücken, die durch Gelenke verbunden sind. Um bei Character-Animationen nicht jedes Gelenk einzeln steuern zu müssen, reicht die Steuerung der Endpunkte eines Skeletts (z.B. Hände und Füße) unter Nutzung der inversen Kinematik aus. Die Zwischen den Endpunkten befindlichen Gelenke werden dann automatisch „nachgeführt“.

 

 

Einen Schritt weiter gehen modellbasierte Charackter-Animation von Natural Motion. Neben dem Skelett werden die virtuellen Charaktere auch mit Muskeln ausgestattet. Ein Kraft-Modell beschreibt dann die Auswirkung und Ausbreitung von auftretenden internen und externen Kräften auf alle Teile des Charakters. Hierdurch vereinfacht sich die Arbeit des Character-Animators weiter, denn jetzt müssen weder die Skelett-Endpunkte in Keyframes eingestellt werden, noch wird Motion-Capture benötigt, um realistische Bewegungen zu simulieren.

 

 

Durch die vollständige automatische Steuerung von Charakteren werden nun auch Massen-Szenen möglich, ohne einen einzelnen menschlichen Komparsen engagieren zu müssen (bis auf wenige Ausnahmen spielen menschliche Schauspieler weiterhin die Hauptrolle). Ausgestatte mit verteilter Rendering-Technologie entstehen faszinerende Szenen epischer Größe.

 

 

Modellbasierter Filmschnitt

Andre Quitmeyer betritt mit seiner Masterarbeit Neuland und hat ein interessantes Konzept entworfen, um den Zusammenschnitt von Videomaterial bei der Produktion von größeren Fimprojekten, wie z.B. Dokumentationen zu verbessern. Neben der Kamera und Tonaufnehmer, die Interviews, und Erzählerstimmen aufnehmen wird eine Androidapp genutzt, um die Aufnahmen mit semantischen Informationen anzureichern.

Das Zusammenschneiden von Interview & Detailaufnahme kann als Modell formuliert und automatisiert durch den von Quitmeyer entworfenen Algorithmus vorgenommen werden. Herauskommt eine editierbare Schnittanordnung im Sequencer.

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